Kurzinfo zum Vorbild:
Turmtriebwagen
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die 1949 neu gegründete DB
neben dem fortgesetzten Wiederaufbau zielstrebig auch an die
weitere Elektrifizierung ihres Streckennetzes, das sich
damals noch allein auf den süddeutschen Raum erstreckte. Für
die dadurch anstehenden Elektrifizierungsarbeiten reichte
der vorhandene Bestand an 22 Vorkriegsturmwagen bei weitem
nicht aus. Daher entschied sich die DB zu Beginn der
50er-Jahre zur Beschaffung eines neuen Turmtriebwagens, der
aus Kostengründen auf der Basis des gerade im Bau
befindlichen zweimotorigen Schienenbusses der Baureihe VT 98
entstehen sollte. Die Konstruktion erfolgte in enger
Zusammenarbeit mit dem Bundesbahn-Zentralamt (BZA) in
München bei der Waggon- und Maschinenbau GmbH Donauwörth
(WMD).
Bereits im Mai 1955 war der erste dieser neuen
Regelturmtriebwagen (TVT) fertiggestellt; als Kar 6203 wurde
er der Fahrleitungsmeisterei Karlsruhe zugewiesen. Das rot
lackierte Fahrzeug besaß ein dunkelgraues Dach und eine
schwarze Schürze, die mit weißen Zierlinien vom Rot des
Aufbaus getrennt waren. Das Innere gliederte sich auf in
einen 26 m² großen Arbeits- und Werkstattraum sowie die
beiden, durch Trennwände abgeteilten Führerstände. Gemäß
seiner Innenaufteilung gab es beidseitig nur je zwei vom VT
98 übernommene Fenster, dafür aber zusätzlich jeweils eine
vierflügelige Doppelfalttür, die auf beiden Seiten
unterschiedlich positioniert war. Der Zugang zum jeweiligen
Führerstand erfolgte von außen durch jeweils eine in
Fahrtrichtung rechts angeordnete Drehtür, innen gab es eine
bzw. zwei Zugangstüren.
Auf dem Dach befanden sich eine seitlich verschwenkbare
Hubbühne, von der aus eine Magirus-Leiter mit 8 m Steighöhe
für die Arbeit an den weiter oben angeordneten Drähten eines
Quertragwerkes ausgefahren werden konnte, sowie ein
Regelstromabnehmer DBS 54. Von einer kleinen, vom
Werkstattraum aus zugänglichen Beobachtungskanzel am anderen
Dachende konnte der Fahrdrahtverlauf kontrolliert und
mithilfe einer Messeinrichtung vermessen werden. Zwei
Halogenscheinwerfer über den Führerständen sorgten bei Nacht
für ausreichende Helligkeit, im Bereich der Dachkanzel
wurden zwei weitere Scheinwerfer angeordnet. Den Zugang zum
Wagendach und zur Arbeitsbühne ermöglichte eine kleine
Dachluke, die sich nur dann öffnen ließ, wenn der
Stromabnehmer an der Oberleitung anlag und durch das
Trennmesser geerdet war. Zur Prüfung und Instandsetzung der
Fahrleitung war das gesamte Dach begehbar, dazu wurde die
Dachfläche mit Gitterrosten aus Leichtmetall belegt.
Bis 1974 entstanden in mehreren Bauserien insgesamt 166 TVT,
die zum größten Teil von WMD (ab 1972 von MBB), in kleineren
Losen auch von der Waggonfabrik Uerdingen und von Rathgeber
in München gebaut wurden.
1960 stattete man einen TVT versuchsweise mit nur einem
Motor aus; für den Gewichtsausgleich sorgten zusätzliche
Ballastgewichte, drei weitere Fahrzeuge folgten 1962. Sie
wurden in Stuttgart, Wuppertal-Steinbeck, Nürnberg und
Landshut stationiert.
Mit der Einführung der EDV-gerechten Computernummern reihte
die DB ihre zweimotorigen Turmtriebwagen als neue BR 701 in
ihren Bestand ein. Die vier einmotorigen TVT wurden als BR
702 bezeichnet, jedoch schon zwischen 1968 und 1972 in
zweimotorige Turmwagen umgebaut und der BR 701 zugewiesen.
Als neue BR 702 fungierten stattdessen ab 1973 die 23 neuen,
für den Einsatz auf Steigungsstrecken mit dynamischer Bremse
und Magnetschienenbremse ausgerüsteten einmotorigen TVT, die
aber 701er-Ordnungsnummern erhielten. Ihre Achsfolge war
daher A1 anstatt AA.
Seit 1975 erhielten die im Rahmen von Hauptausbesserungen
neu zu lackierenden TVT einen goldgelben Anstrich in RAL
1004; die Aufschriften wurden zunächst in Karminrot, ab 1985
in Tiefschwarz und seit 1992 in Verkehrsweiß ausgeführt.
1999 standen noch 120 TVT der Baureihe 701 und 22 der
Baureihe 702 bei der DB im Einsatz; aktuell werden noch 92
701er und 20 702er im Bestand geführt.
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